Lebensraum Abbaugebiete - Wunden in der Landschaft oder vom Menschen geschaffene Biotope?
Abbauprojekte stellen in der Regel einen extrem hohen Eingriff in Landschaft und Natur dar. Aus der Sicht des Naturschutzes sind solche menschliche Tätigkeiten sehr differenziert zu beurteilen. Ist ein intakter, artenreicher Lebensraum betroffen, so ist der großflächige Abbau von Nährböden sehr problematisch zu sehen. Oft dauert es viele Jahre bis der verlorene Lebensraum durch die Schaffung neuer Habitate ersetzt wird, meistens sind Schäden aber irreversibel. Andererseits kann die Anlage eines Abbaugebietes durchaus positiv zu bewerten sein, vor allem wenn sie eine vormals stark bewirtschaftete Fläche betrifft.
Die Bedeutung für den Arten- und Naturschutz hängt dann vorwiegend von zwei Faktoren ab:
- Wie intensiv wird der Abbau betrieben?
- Was geschieht mit der Abbaufläche nach Beendigung der Abbautätigkeit
Leider wurden aufgelassene Gruben und Brüche allzu häufig als Wunden in der Landschaft erklärt und mit verschiedenen Materialien verfüllt. Eine spätere Aufforstung mit schnellwüchsigem Holz machte die „Rekultivierung“ perfekt und ließ den Wert für den Naturschutz gegen Null gehen. Mehr ...
Wird dagegen der Abbau extensiv und einigermaßen schonend betrieben und für die Zeit nach dem Abbau ein durchdachter Pflegeplan aufgestellt, so kann sich ein Abbaugebiet zu einem echten Glücksfall für den Artenschutz erweisen.
Abbaugebiete – Mosaike wertvoller Lebensraumstrukturen !
Durch einen schonenden, extensiven Abbau kann bereits auf relativ begrenztem Raum eine Vielfalt an verschiedenen ökologisch wertvollen Klein- und Kleinstlebensräumen entstehen:
- Temporäre und überdauernde Stillgewässer (Pfützen, Tümpel, Teiche und Seen).
- Sich häufig verändernde, meist vegetationsarme Uferlinien und Uferflächen.
- Sich häufig veränderndes Bodenrelief, meist stark sonnenexponiert, trocken oder wechselfeucht, mit freigelegten Rohböden.
- Saum und Übergangsstrukturen, Hecken, Raine, Gräben und Hohlwege.
- Trocken- und Magerrasen, Steilwände, Anhäufungen von Steinen und Totholz.
Diese Vielfalt an Strukturen stellt eine ideale Basis dar für eine immense Artenvielfalt innerhalb der Flora und Fauna.
Ersatzlebensraum Abbaugebiet:
Einen besonders wertvollen Lebensraum stellten in unseren Breiten die Ufer- und Überschwemmungsflächen naturnaher und ursprünglicher Flüsse dar. Diese „Wildflüsse“ schufen durch ihre Dynamik ein vielfältiges Mosaik sich immer wieder verändernder Lebensräume, vegetationsarm mit stark wechselnder Uferlinie, Uferabbrüchen, Inseln und Altarmen.
Durch wasserbauliche Maßnahmen sind solche Verhältnisse in Mitteleuropa weitgehend verschwunden und mit ihnen die entsprechende Begleitflora und -fauna.
Die Dynamik einer Wildflusslandschaft kann nun zumindest in bestimmten Grenzen durch eine extensive Bewirtschaftung eines Abbaugebietes nachgeahmt werden. Es entsteht so ein Ersatzlebensraum, ein Sekundärbiotop für einen Lebensraum, den es in seiner Primärausprägung leider kaum mehr gibt.
So sind viele Arten, die früher nur an den „Wildflüssen“ Mitteleuropas leben konnten ausgewichen auf den Ersatzlebensraum „Abbaustelle“.
Abbau beendet – was dann?
Bereits während des Abbaubetriebes kann bei entsprechendem schonendem Vorgehen ein wertvoller Pionierstandort entstehen, der Lebewesen beheimatet, die auf Rohböden und sich schnell erwärmende Offenflächen angewiesen sind.
Wird der Abbau beendet, so bleibt dieser Erstzustand nicht lange erhalten, sondern es setzt die natürliche Sukzession (Bewuchs durch Pflanzenarten aus der Umgebung) ein. An deren Ende kann bereits nach wenigen Jahren ein Wald stehen.
Aus der Sicht des Arten- und Naturschutzes stellt das Wiederbefüllen und Wiederaufforsten nach Beendigung des Abbaues wohl meist die schlechteste Lösung dar. Andererseits muss gut überlegt sein, welches Sukzessionsstadium der „aufgelassenen“ Grube man erhalten möchte und auch erhalten kann. Die erfordert ein angepasstes und umfassendes Pflegekonzept, wie es zum Beispiel der Tongrube bei Seedorf (BN – Biotop) beispielhaft erstellt wurde.
Abbaugebiete im Fichtelgebirge – Bedeutung und Arteninventar:
Die meisten Abbaubemühungen in unserer steinreichen Ecke dürften sicher dem Granit und daneben auch dem Marmor gegolten haben. Die Brüche am Epprechtstein, am Waldstein, aber auch bei Sinatengrün sind dafür beispielgebend.
Daneben finden wir aber auch Sand- und Tongruben, so zum Beispiel bei Ziegelhütte oder bei Seedorf. Die Tongrube bei Seedorf und das dafür erstellte Pflegemanagement zeigt gut auf, welche Maßnahmen nach einem Abbaustop überlegt und durchgeführt werden können (siehe BN-Biotop „Tongrube Seedorf“).
Aufgrund der Vielzahl an Lebensräumen, die im Verlaufe und nach dem Abbau in einem Abbaugebiet entstehen, können hier auch nur einige typische landkreisbedeutsame Vertreter aus Fauna und Flora genannt werden:
Flora, wie zum Beispiel
Fauna: Hier wären z.B. Pionierarten zu nennen, wie
Bei den Vögeln sind dies
Bei den Lurchen und Reptilien sind bemerkenswerte Arten für das Fichtelgebirge
Abbaugebiete sind also auch bei uns im Landkreis mittlerweile zu Hauptlebensräumen und Sonderstandorten für zahlreiche, aus unserer Landschaft verdrängte Arten geworden. Dementsprechend sollten diese Sekundärlebensräume auch erhalten und geschützt werden.