Waldbegehung - auf Spurensuche zwischen Totholz und Zukunftswald
Am Samstag, den 17. Mai, fand unsere diesjährige Waldbegehung im Selber Forst nahe dem Eisstadion statt – mit dabei: Förster Fred Terporten-Löhner und 15 waldbegeisterte TeilnehmerInnen. Zwei Stunden lang begaben wir uns gemeinsam auf eine spannende Reise durch die vielschichtige Welt des Waldes – voller Entdeckungen, neuer Perspektiven und lebendiger Eindrücke.
Der Förster eröffnete die Waldbegehung mit einer klaren Zielsetzung: Es gehe nicht nur um Informationen, sondern vor allem darum, den Wald als Erlebnisraum wahrzunehmen und ein Gefühl für ihn zu entwickeln. Aus dem urbanen Raum kommend, lud er die Teilnehmenden ein, die Unterschiede bewusst wahrzunehmen, dem Wald zuzuhören, seine Geschichten zu entdecken – und vor allem: die Stille zu genießen.
Totholz lebt – und erzählt Geschichten
Ein umgestürzter Baumstamm am Wegesrand wurde gezielt in den Fokus gerückt. Was früher entfernt wurde, bleibt heute bewusst liegen: Totholz ist Lebensraum für Pilze, Käfer und andere – zum Teil geschützte – Arten. „Totes Holz lebt“, sagte Fred – und brachte damit die Dynamik des Waldes auf den Punkt: ein ständiges Werden und Vergehen, durch das sich der Wald immer wieder auf natürliche Weise erneuert.
Der Wald spricht – man muss nur lernen, ihm zuzuhören. So auch beim Wurzelteller einer umgekippten Fichte: ein stiller Zeuge der Herausforderungen, vor denen viele Bäume heute stehen.
Baumarten, Boden und Balance – was der Wald braucht
Im Lauf der Begehung wurde nicht nur geschaut, sondern auch viel gelernt – etwa über die Unterschiede zwischen Fichte, Tanne, Rot- und Hainbuchen, Weide, Eiche und Co. Die Fichte, ursprünglich ein Bergbaum, wächst schnell und liefert gutes Bauholz – doch als Flachwurzler ist sie anfällig für Trockenheit und Borkenkäfer. Die Buche ist eigentlich unser häufigster Laubbaum – ihre Keimlinge können lange im Schatten überdauern und wachsen mit voller Kraft, sobald Licht den Waldboden erreicht.
Ein besonderer Moment war das Innehalten vor der „Dicken Tanne“, die Scheibe eines Baums, der vermutlich um 1707 gepflanzt und 1919 geschlagen wurde – über 200 Jahre Geschichte in einem einzigen Stamm. Solche Bäume wecken Ehrfurcht: Was sie wohl alles gesehen haben?
Auch exotischere Arten wie die amerikanische Roteiche oder die Douglasie wurden vorgestellt – beides trockenresistente Alternativen, die im Zuge des Waldumbaus mehr Bedeutung gewinnen. Denn klar ist: Der Wald der Zukunft muss vielfältiger, widerstandsfähiger und klimastabiler sein.
Waldumbau als Gemeinschaftsaufgabe – für Mensch und Natur
Der Waldumbau ist in vollem Gange. Statt anfälliger Monokulturen sollen künftig standortgerechte Mischwälder entstehen – mit Laub- und Nadelbäumen, verschiedenen Altersstufen und mindestens vier bis fünf Baumarten pro Fläche. So entsteht ein robuster, ökologisch wertvoller Wald, der Trockenheit, Stürmen und Schädlingen besser trotzt.
Der Wald wird genutzt, aber auch geschützt. In Rückegassen – schmalen Schneisen alle 30 Meter – wird heute versucht mit Maschinen möglichst bodenschonend zu arbeiten. Denn der Wald dient nun mal nicht nur als Naturraum und zu unserer Erholung, sondern er ist eben auch ein Wirtschaftswald.
Für Kinder wurde ein kleines Waldbuch vorgestellt – darin können sie bei jedem Baum die Struktur der Rinde mit einem Bleistift in das Büchlein übertragen. Spielerisch die Natur entdecken, Zusammenhänge verstehen und eine emotionale Bindung aufbauen – das ist der erste Schritt zu einem nachhaltigen Umgang mit unserer Umwelt.
Nach zwei Stunden voller Eindrücke, spannender Fragen und lebendigem Austausch beendete Fred die Waldbegehung mit einem eindringlichen Appell: wir sollen den Wald nicht nur schützen, sondern ihn auch aktiv erleben – am besten regelmäßig und mit allen Sinnen. Denn direkt vor unserer Haustür liegt ein Ort voller Geheimnisse, Schönheit und Leben: der Wald als größter Spielplatz, als Wohlfühloase, als Heimat. Wer ihn kennt, lernt ihn zu schätzen – und wer ihn schätzt, wird ihn bewahren.
Also: Rausgehen, zuhören, entdecken – der Wald wartet vor der Haustür.