Zur Startseite

Fauna+Flora des Fichtelgebirges

  • Home  › 
  • Aktuelles

Mega-Projekt der Biotopgestaltung

Der Bund Naturschutz stellte den Stockteich im Dangesbachtal bei Thierstein im Fichtelgebirge wieder her. Ein Großprojekt des Arten- und Biotopschutzes im Fichtelgebirge, ein vorbildliches Beispiel für Wasserrückhaltung und Renaturierung.

23.11.2022

Wasserrückhalt, statt Wasseraustreibung,
der BN reagiert schneller als die Politik

Zahlreiche Bäche im Fichtelgebirge wurden vor Jahrzehnten oder bereits vor mehr als hundert Jahren begradigt und ganze Talauen trockengelegt. Obwohl es längst an der Zeit wäre, diese sogenannten Gewässer 3. Ordnung, für deren Unterhalt die Kommunen zuständig sind, in Zeiten des Klimawandels und zunehmender Dürre zu renaturieren und eine Strategie der Wasserrückhaltung einzuleiten, mangelt es an politischer Initiative und konkreter operativer Umsetzung. Der notwendige Paradigmenwechsel in der Wasserpolitik, von der Wasserableitung hin zur Wasserrückhaltung, findet meist nur verbal statt, nicht aber konkret vor Ort.
Ein typisches Beispiel ist das Dangesbachtal östlich Thierstein, ein kleines Seitental des Egertals. Die gesamte Talaue wurde 1928/1929 im Zuge der „großen Kultur“ auf drei Kilometern Länge dräniert und trockengelegt. Der Bach selbst wurde begradigt und tiefer gelegt und so zu einer Abflussrinne degradiert. Diese Maßnahmen wirken noch heute auf die Ökologie der Aue äußerst negativ nach, denn das Dränsystem funktioniert noch immer; ein Paradebeispiel für Wasseraustreibung aus der Landschaft.

BN-Kreisgruppe erwirbt größere Fläche im Dangesbachtal

Dem Bund Naturschutz ist es 2021 gelungen, eine größere Fläche von 2,7 Hektar im Dangesbachtal bei Neudürrlas zu erwerben. Im Oktober 2022 konnte mit dem Projekt Stockteich endlich ein erster Schritt der Wasserrückhaltung und Renaturierungeingeleitet werden.

Beispielhafte Biotopgestaltung

Thierstein, 23.11.2022: Eine riesige Biotopgestaltungsmaßnahme ist vollendet. Der neu gestaltete Biotopteich östlich Thierstein ist bereits vollgelaufen. Sechs Wochen lang waren Kettenbagger und ein kleiner Muldenkipper im Einsatz, um den 10.000 Quadratmeter großen Biotopteich mit differenzierten Flachwasserzonen zu gestalten. Im Zuge der Maßnahme wurde der Dangesbach auf 170 Meter Länge verlegt und soweit möglich renaturiert.  Dabei mussten mehrere tausend Kubikmeter Aushubmaterial bewegt werden. Der Großteil des Erdmaterials wurde an den Rändern des 2,7 Hektar großen BN-Areals im Dangesbachtal in Form flacher Erdwälle eingebaut.

Tiere und Pflanzen können einziehen 

„Wir haben quasi einen roten Teppich für die Rückkehr der Natur ausgelegt, nun können die Tiere und Pflanzen einziehen, Der relativ flache Biotopteich hat eine durchschnittliche Wassertiefe von 50 Zentimetern, am Mönch ist er einen Meter tief. Aus ökologischer Sicht besonders wichtig sind die vielgestaltigen Flachwasserzonen von 5-40 cm Wassertiefe, in denen sich Röhrichte und Seggenriede entwickeln werden. Projektleiter und Naturschutzexperte Karl Paulus nennt als Zielarten Bekassine, Flussregenpfeifer, Sumpfrohrsänger, Rohrammer, Wasserralle und Schwarzstorch, die Amphibien Grasfrosch, Bergmolch und Knoblauchkröte, sowie die Libellen Große Königslibelle, Vierfleck,  Großer und Kleiner Blaupfeil. Die steileren Uferpartien am neuen Teich sind wichtige Habitate für Eisvögel und Uferschwalben. Zur Förderung der Fischfauna wird der BN Kleinfische wie Karausche, Moderlieschen und Schlammpeitzger einsetzen. „Aus einer dränierten Wiese entsteht ein artenreicher Komplexlebensraum auf 2,7 Hektar Fläche mit Wasser- und Sumpfzonen, Hochstaudenfluren, Altgrasbeständen, Magerwiesen und Niederhecken.“

Komplizierte Biotopgestaltung

„Die Höhenverhältnisse waren kompliziert, das Laser-Nivelliergerät war ständig im Einsatz. Das Projekt war alles andere als einfach. Eine Wiederherstellung des einst viel größeren Stockteichs durch Schließen des ehemaligen Teichdamms war nicht möglich. Dies hätte zur Vernässung der Wiesen oberhalb geführt und wäre wasserrechtlich nicht genehmigungsfähig gewesen, da der Dangesbach gemäß Wasserrahmenrichtlinie durchgängig bleiben muss. Es musste in die Tiefe gearbeitet werden, dazu noch der Bach verlegt und mehrere tausend Kubikmeter Erdmaterial verfrachtet werden. Ein Problem war der tief liegende Dangesbach. Denn das gesamte Tal war im Zuge der „großen Kultur“ 1928/1929 auf drei Kilometern Länge trockengelegt worden. Der Bach selbst wurde begradigt und viel tiefer gelegt.

Durch das Projekt ist dem Bund Naturschutz nach langer und intensiver Vorarbeit und Abstimmung mit den Fachbehörden ein wichtiger Schritt der Wasserrückhaltung und Renaturierung im Dangesbachtal gelungen. Ein notwendiger Akt der Wiedergutmachung an der Natur in einer Zeit zunehmender Dürre.“

Herzstücke des Naturschutzes

Die Maßnahme ist das bislang größte Biotopgestaltungsprojekt in der Region. BN-Kreisvorsitzender Fred Terporten-Löhner bedankt sich bei der Regierung von Oberfranken für die hohe Förderung des 50.000 Euro-Projekts mit 34.000 Euro. Der BN dankt auch der Unteren Naturschutzbehörde (Martina Gorny, Lisa Reiprich, Stefan Schürmann), dem Sachgebiet Wasserrecht (Michael Scholz) und Stephan König vom WWA Hof für die gute Zusammenarbeit. Die Baggerfirma Sommerer aus Weißenstadt leistete eine „hervorragende Bauausführung.“ 

Das Dangesbachprojekt ist zugleich das letzte Werk des ehemaligen BN-Geschäftsführers Karl Paulus. Der „Rentner im Unruhestand“ ist vor zwei Jahren aufgrund eines Erbes noch einmal in den Ring gestiegen und konnte für den Bund Naturschutz spektakuläre Naturschutzprojekte auf 21 Hektar Fläche mit einem Volumen von 650.000 Euro auf den Weg bringen. Zu diesen Mega-Projekten gehören der Ankauf des Breiten Teiches in Selb mit ausgedehnten Verlandungs- und Moorflächen, die Sicherung und Sanierung des Krebsteiches bei Höchstädt sowie der Ankauf und die Gestaltung des Dangesbachprojekts.

Worte von Karl Paulus zum Abschluss dieses Großprojektes

„Das sind wahre Herzstücke des Naturschutzes im Fichtelgebirge. Ich bin sehr dankbar, dass alles wunderbar geklappt hat, aber es war schon eine riesige Herausforderung. Hinter den Großprojekten stecken gut 1200 ehrenamtliche Arbeitsstunden. Aber jetzt ist wirklich Schluss damit, in Zukunft arbeite ich nur noch für Forschung.“

Der Dank der BN-Kreisgruppe an ihren jahrzehntelangen Geschäftsführer Karl Paulus

Karl, wir wissen was wir an dir hatten und haben. Deine Planungen und Durchführung von Projekt jeglicher Art, ob Biotop- und Artenschutz, Organisation von öffentlichen Veranstaltung, Widerstand gegen naturzerstörende Projekte und nicht zuletzt Verwaltungsarbeit haben die Kreisgruppe seit ihrem Bestehen geprägt. Großer Dank deshalb von allen deinen Wegbegleitern und denen, die auch zukünftig noch von von deinen Visionen und Ideen profitieren werden.

Weitere Fotos und Informationen auf der Seite Biotope "Thierstein Stockteich"