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Fairer Handel statt Freihandel

Martin Geilhufe, der neue BUND-Referent für politische Kommunikation, sprach am 2. März in Marktredwitz über CETA und TTIP. Wenn Lobbyisten in Geheimverträgen über zentrale Fragen unseres Lebens bestimmen und Großkonzernen Sonderklagerechte garantiert werden, dann entstehen Frustration, Politik- und auch Europaverdrosssenheit.

02.03.2017

Solch ein beklemmendes Gefühl überkam die engagierten Zuhörer einer Veranstaltung des Bundes Naturschutz über die Freihandelsabkommen CETA und TTIP am Donnerstagabend im Meister Bär.

CETA und TTIP zeigen die Schattenseiten Europas

Martin Geilhufe, der neue BN-Referent für politische Kommunikation, hat gerade den kaum durchschaubaren EU-Dschungel von Handelsabkommen, Lobbyismusarbeit, Konzernstrategien und Geheimniskrämerei der EU-Komission durchforstet und aufgelichtet. Eloquent, kompetent und schonungslos zeigte er eine der Schattenseiten Europas auf. „Aber noch ist es nicht zu spät, CETA ist noch nicht ratifiziert“, machte der Redner Hoffnung.

Das Handelsabkommen CETA zwischen Kanada und der EU sei zwar vom EU-Parlament beschlossen, doch da es sich um ein sogenanntes gemischtes Abkommen handle, müssten alle 40 Mitgliedsländer einzeln zustimmen. Das Abkommen TTIP sei seit Trump nicht mehr in der öffentlichen Diskussion. „Es ist nur im Gefrierfach und wird eines Tages wieder auftauchen“, ist sich der Experte sicher. Geilhufe rief das „riesige bürgerschaftliche Engagement“ gegen CETA und TTIP in Erinnerung. Die europäische Bürgerinitiative habe 3,5 Millionen Unterschriften gesammelt. Am 10. Oktober 2015 demonstrierten in Berlin 250.000 Bürgerinnen und Bürger eines breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses gegen diese Geheimabkommen.

Ökologischen Standarts, Klimaschutz und Energiewende und mehr stehen steht auf dem Spiel

Geilhufe führte zalhlreiche Gründe gegen die Freihandelsabkommen auf. „Viel steht auf dem Spiel. Unsere ökologischen und sozialen Standards, Klimaschutz und Energiewende, die Qualität unserer Dienstleistungen der Daseinsvorsorge und nicht zuletzt Demokratie und Rechtsstaat. Wenn CETA ratifiziert werde, wird es ein böses Erwachen geben“, warnte der Referent. Öffentlichkeit und Gemeinwohl laufen Gefahr, unter die Räder von Konzerninteressen zu geraten. Von den 1500 Seiten des CETA-Vertrags sei trotz Versprechungen keine einzige Seite verändert worden. Die viel gelobte Zusatzvereinbarung habe offenbar keine Rechtsgültigkeit.

Sonderklagerechte der Investoren

„Der Umweltschutz kommt unter den Hammer“, prophezeite der Referent. CETA garantiere exportorientierten Unternehmen Sonderklagerechte, mit denen sie ganze Staaten auf hohe Schadensersatzsummen verklagen können. Sollte die deutsche Bundesregierung zum Beispiel eine giftige Chemikalie verbieten oder neue Standards in der Massentierhaltung einführen, könnte ein kanadischer Konzern Deutschland vor einem Schiedsgericht auf Schadensersatz verklagen. Und 40.000 US-Konzerne hätten eine Niederlassung in Kanada. Ein erster Vorgeschmack sei bereits die Klage von Vattenfall gegen die Bundesregierung im Zuge der Energiecharta auf vier Milliarden Schadensersatz wegen Gewinneinbußen aufgrund des Atomausstiegs. Äußerst bedenklich sei, so Martin Geilhufe, dass der Klimaschutz als Handelshindernis abgestempelt wird und beseitigt werden soll.

CETA  fördert Agrarindustrie und baut die bäuerliche Landwirtschaft ab

„Stark von CETA betroffen ist die Landwirtschaft“, warnte der Referent. Im Wettbewerb mit den riesigen kanadischen und amerikanischen Farmen würden die bäuerliche Landwirtschaft und die umweltbewussten Verbraucher die Verlierer sein. Umweltstandards würden zugunsten der Agrarindustrie abgebaut. CETA setze auf dauerhaft niedrige Milchpreise. Die Gentechnik-Lobby benutze CETA und TTIP, die in der EU geltenden Regeln zu Gentechnik aufzuweichen. Anhand eines Diagramms führte der Redner die enorme Konzentration globaler Konzerne in den letzten 10 Jahren vor Augen. Die großen Konzerne hätten heute mehr Macht als Kaiser und Päpste sie hatten.

Fairer Handel statt Freihandel

Martin Geilhufe plädierte für fairen Handel statt Freihandel. Für ein Europa der Nationen mit demokratischen Mitspracherechten. Dagegen müsse die Macht der EU-Komission beschnitten werden. „Haben die Regierungen das alles verschlafen?“, fragte Klaus Glinski in der Diskussion. Ein Großteil von CETA laufe in Form von Hinterzimmer-Deals ab, nicht in Parlamenten, antwortete der Referent. Horst Döring wollte wissen, weshalb sich die Politik derart entmachten lässt? „Viele Politiker wollen danach in die Wirtschaft“, so Geilhufes nüchterne Einschätzung.

Demokratie in Gefahr

Mit deutlichen Worten hatte BN-Geschäftsführer Karl Paulus den Infoabend über CETA und TTIP eröffnet. „Was mich rasend macht ist die politische Radikalisierung und Kraftmeierei, die irrwitzige Aufrüstung - Rüstung tötet schon im Frieden – und die grenzenlose Gier der globalisierten Konzerne.“ Exakt in diesem Kontext seien die mysteriösen Geheimabkommen CETA und TTIP zu sehen. Paulus zog ein beklemmendes Fazit. „Umweltschutz findet nicht mehr statt. Die Politik schaut weg und der Bürger wird entmündigt durch Nicht-Information und mediale Verblödung. Die Demokratie ist in Gefahr.“ Notwendiger denn je sei ehrliche Information und öffentliche Diskussion.