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Fauna+Flora des Fichtelgebirges

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DER WILDE WALD ein Film von Lisa Eder

Wilder Wald, gesunder Wald, das ist das Thema des Filmes von Lisa Eder, der im FAM in Selb gezeigt wurde und zu dem der Förster und Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Wunsiedel Fred Terporten-Löhner die passende Einführung sprach.

30.03.2022

Ein Wort von Adalbert Stifter, das zum Wald, zu Wäldern passt:

Waldwoge steht hinter Waldwoge, bis eine die letzte ist und den Himmel schneidet.
Großartig ist es, wenn Wolkenberge an dem Himmel lagern, und hinter blauen Schattenflecken dieses Waldmeer unterbrechen.

Kann man eine herrliche Alpenansicht ein schwungvolles Gedicht nennen, so ist die Einfachheit dieses Waldes ein gemessenes episches. (viel mehr, weiträumiger als die Alpenansicht in seiner Dimension).

Was macht ihn aus, den Wald?

Der Wald, nur vier Buchstaben und doch viel mehr.

  • Der gesunde Wald => Luft zum Atmen, Wasser, Ruhe, Erholung …
  • Der bedrohte Wald => Borkenkäfer, Stürme, Trockenheit, Luftverschmutzung …
  • Der mystische Wald => Märchen, Gedichte, Erzählungen …
  • Der bedrohliche Wald => Dunkelheit, wilde Tiere, Enge …
  • Der wirtschaftliche Wald => Bauholz, Brennholz, Rohstoffe …

Jeder sieht etwas anderes im Wald, doch allen gemein ist der Anspruch an den Wald. Gepflegt soll er sein, Aáufgeräumt soll er sein, ungefährlich soll er sein, zugänglich soll er sein, aerholsam soll er sein, gemeinnützig soll er sein, wirtschaftlich soll er sein.

Diese Ansprüche entspringen dem Waldbild, das wir tagtäglich vor unserer Haustür wahrnehmen können. Wir sehen einen Wald, der dient. Es ist der Wirtschaftswald. Nicht immer hat er bei uns so ausgesehen. Bis zum frühen Mittelalter dominierten Laubhölzer, vor allem die Buchen. Mühsam hat sie sich nach der Eiszeit zu uns zurückgearbeitet.

Dem Menschen war schon damals der Wald Freund und Feind zugleich.

Undurchdringlich, zuweilen dunkel, unheimlich und wild. Wer sich verstecken wollte ging in den Wald. Heimat von Bären, Wölfen und Luchsen. Wehrhaftes Wild, vor dem es sich zu schützen galt. Ackerbau musste dem Wald mühsam abgerungen werden. Offenflächen waren selten. Seine Vorzüge zu nutzen hatte man schnell erkannt. Holz zum Städtebau, zum Schiffsbau, Brennholz zum Wärmen der Stuben, Meilerholz für die aufkommende Industrie, geadeltes Gebiet zur Jagd für König und Fürst. Er wurde gezähmt der Wilde Wald. Bär, Wolf und Luchs sind fast verschwunden. Zwei Drittel seiner Fläche auch. Nadelholz ersetzt aufgrund seiner profitablen Wirtschaftlichkeit den Buchenwald.

Kriege, Übernutzung und Industrialisierung haben unseren „Urwald“ längst verdrängt. Wir sehen Wald, aber nicht das Original. Wir sehen unseren Wald. Geschaffen durch unser Handeln nach unseren Vorstellungen und Bedürfnissen. Wo bleibt denn nun der wilde Wald?

Der wilde Wald oder „Urwald“ ist in Deutschland nicht vorhanden. Ganz mühsam versuchen wir aus urwaldnahen Resten oder Wirtschaftswäldern durch Nichtstun wieder wilde Wälder zu schaffen. Nichtstun fällt uns schwer und wenn der Borkenkäfer hunderte Hektar in Nationalparken durch unser Nichtstun vernichtet, schüttelt es den deutschen Saubermann ganz kräftig. Viel näher ist uns doch der aufgeräumte, saubere Wald.

Und oh Wunder, wenn dann nach Jahrzehnten aus dem unaufgeräumten Wald ein wilder Wald geworden ist, sind wir verzückt und beglücken dieses Wunderwerk zu Hunderttausenden jedes Jahr. Natur, Natur sein lassen ist ein wahrer Augenöffner. Aus der Unordnung entsteht Artenvielfalt, entstehen Lebensgemeinschaften, die verloren geglaubt waren. Sie sind wertvolle Schatztruhen genetischer Vielfalt und deshalb von unschätzbarem Wert.

Bernd Grzimek und Hubert Weinzierl vom Bund Naturschutz haben

1966 dies erkannt und sich beispielhaft für die Ausweisung des ersten Nationalparks in Deutschland eingesetzt.
1970 ist ein Schlüsseldatum des Deutschen Naturschutz. Zusammen mit Hans Eisenmann, dem damaligen Bayerischen Forstminister wird der erst Nationalpark Deutschland im Bayerischen Wald eröffnet. „Urwald für unsere Kinder und Kindeskinder soll entstehen“ so. Dr. Eisenmann.
1997 wird der Nationalpark auf das Doppelte erweitert und hat heute eine Größe von 24850 ha erreicht. 1,3 Mio. Besucher bestaunen die Rückeroberungen und die Schaffenskraft des wilden Waldes jährlich. Für die Bevölkerung eine regionale Wertschöpfung von 26 Mio. € pro Jahr.

Zurückgekehrt sind Wolf und Luchs und Totholz voller Leben. Brauchen wir nicht mehr davon? Wie viele Prozent sollten wir aus der Nutzung nehmen? Das angedachte Ziel von 10% der Waldfläche ist ein hohes Ziel. Holz ist ein begehrter Rohstoff und wir brauchen immer mehr davon. Wir bauen, wir heizen … das ewige Wachstum … Holz ist begrenzt und Nachhaltigkeit ist oberstes Gebot. Den Urwald in anderen Ländern abholzen kann auch nicht unser Ziel sein. Das Weltklima ist bedroht.

Gehen die Wälder folgen die Wüsten. Danach geht der Mensch.

Dem 10%-Ziel haben sich alle Bundesländer verschrieben. Bayern tat sich lange schwer und zu einem dritten Nationalpark kann man sich nicht entschließen, obwohl er dringend nötig wäre. Neben den zwei Nadelholznationalparken (Bayerischer Wald, Bayerische Alpen), bedarf es noch einem Buchennationalpark. Die Buche mit ihrem zentralen Verbreitungsgebiet in Mitteleuropa, hätte das in Bayern längst verdient. Der Buchenanteil im Fichtelgebirge liegt unter 10 %. Einen Nationalpark gibt es nicht. Kleinere Naturwaldreservate wie am Hengstberg bei Selb zeigen uns auf wie es einmal ausgesehen haben könnte, hier bei uns.

Leider muss man manchmal erst gezwungen werden. Der fortschreitende Klimawandel wird die Fichten zurückdrängen und wir können nur hoffen, dass es nicht auch für die Buchen zu warm wird. Schon jetzt verrichtet der Borkenkäfer im Frankenwald ganze Arbeit und wer einmal kahle Berghänge sehen will, muss sich nur in NRW, Thüringen oder Hessen ein Bild davon machen, wie es weitergehen könnte hier im Fichtelgebirge. Noch hocken wir da und hoffen, dass dieser Kelch an uns vorübergehen wird. Viel Hoffnung besteht nicht. Schnelle Abhilfe tut Not, ist aber schier unmöglich. Das was in Jahrzehnten versäumt wurde, kann nicht in ein paar Jahren aufgefangen werden. Der Waldumbau geht voran, aber wenn ein Feld in einem Jahr gereift ist, wird es ein Wald erst in hundert Jahren sein.  Haben wir diese Zeit?

Wir werden von unserer Gier nach Geld und Wachstum überrollt.

Als 1970 der Nationalpark Bayerischer Wald geboren wurde, formulierte der Club of Rom die Grenzen des ewigen Wachstums. Hören wollte das niemand. Die Folgen tragen wir jetzt. Holznutzung im Rahmen der Nachhaltigkeit unter Beachtung der Mindestbedürfnisse einer artenreichen Waldgesellschaft ist Gebot der Stunde. Dazu gehört die fachliche Betreuung, ebenso wie der schonende Umgang. Die deutsche Forstwirtschaft lernt täglich dazu. Der Wald wird artenreicher, gemeinwohlorientierter und stabiler. Dort wo Bär, Luchs oder Wolf fehlen, muss der Jäger improvisieren und unser Schalenwild so reduzieren, dass sich unser Wald standortsgerecht verjüngen kann. Hier gibt es noch viel zu tun.

Eintauchen in den Film, in eine wunderbare, urwüchsige Landschaft

Genießen wir jetzt den „Wilden Wald“. Tauchen wir für kurze Zeit ein in eine Welt, die so wunderbar erscheint, und Freude und Frieden bringt, den wir alle so nötig haben. Wenn wir am Ende aufwachen, haben wir vielleicht ein geschärftes Bewusstsein dafür, was nötig wäre, um Frieden zu schließen mit unserem so geliebten Wald.

„Und ich gehe in den Wald, um meinen Verstand zu verlieren und meine Seele zu finden.“ (Ein Zitat von unbekannt)