Dauerregen begleitete eine Exkursion des Bundes Naturschutz ins Naturwaldreservat Großer Hengstberg
In eines der interessantesten Buchenwaldgebiete des Fichtelgebirges, ins "Naturwaldreservat Großer Hengstberg" führte die diesjährige traditionelle Waldbegehung des Bundes Naturschutz. Trotz des Dauerregens am Sonntagnachmittag konnte der Exkursionsleiter und BN-Kreisvorsitzende Fred Terporten-Löhner 20 Teilnehmer willkommen heißen. Er selbst nahm den Regen gelassen. "Das ist das richtige Buchenwetter." Denn die Rotbuche, mit wissenschaftlichem Namen Fagus sylvatica, braucht mindestens 600 Millimeter Jahresniederschlag. Und heuer war das Frühjahr extrem trocken.
Dann gings hinauf zum 651 Meter hoch gelegenen Hengstberggipfel. Fred Terporten-Löhner hatte acht Exkursionspunkte ausgewählt, um die Teilnehmer kompetent und sachkundig über die Verbreitung, Ökologie, Holzverwendung und Mythologie der Buchenwälder im Allgemeinen und am Hengstberg im Besonderen zu informieren.
Rotbuchen haben in Mitteleuropa ihr weltweites Verbreitungszentrum", führte der Exkursionsleiter aus. In der Bundesrepublik Deutschland stocken Buchenwälder noch auf 1,57 Millionen Hektar Fläche, "das sind nur noch sieben Prozent des ursprünglichen Areals". Herrliche Buchenwälder sind noch im Steigerwald oder im Hainich in Thüringen zu finden. Die größten Buchenwälder Europas stehen in Rumänien. "Nicht die Fichte, sondern die Rotbuche ist in der natürlichen Vegetationsentwicklung die Hauptbaumart im Fichtelgebirge", führte der Exkursionsleiter aus. Allerdings gibt es bei uns heute nur noch Reliktstandorte von Buchenwäldern, so am Schneeberg, Buchberg, Teichelberg oder wie hier am Hengsberg.
Der Große Hengstberg ist 1984 von der Regierung von Oberfranken als Naturwaldreservat ausgewiesen worden. Das 39 Hektar große Schutzgebiet
weist noch ursprüngliche, sogenannte "autochthone" Buchenwaldgesellschaften auf, erklärte Fred Terporten-Löhner. An den Süd- und Osthängen, auf nährstoffreicheren Standorten auf Weißenstädter-Marktleuthener Porphyrgranit, stehen Waldmeister-Buchenwälder, in der besonderen Form des Zahnwurz-Buchenwaldes, während auf der West- und Nordseite, auf sauren Standorten des Aplitgranits Moderbuchenwälder, sogenannte Hainsimsen-Buchenwälder stocken. Letztere sind die verbreitete Buchenwaldgesellschaft im Fichtelgebirge, erklärte der Fred Terporten-Löhner. Darüber hinaus gibt es auch spezielle Buchenwälder auf Kalkgestein.
Ausführlich setzte sich der Exkursionsleiter mit der Ökologie der Buche auseinander. Besonere Merkmale sind ein starker Schattenwurf der Krone, ein starkes Jugendwachstum und die hohe Konkurrenzkraft der Rotbuche. Fagus sylvatica ist eine klassische Schattbaumart und stark spätfrostgefährdet. Bei schneller Freistellung erleidet sie Rindenbrand, bei Rindenverletzungen entsteht schnelle Fäulnis. Die Begründung von Buchenbeständen stellt daher hohe Anforderungen an den Förster, so Fred Terporten-Löhner, der jahrelang Revierförster war und jetzt die Servicestelle beim Forstbetrieb Selb innehat. Von Seiten des Forstbetriebs ist man bemüht, die Buche als Mischbaumart auf 20-25 Prozent der Waldfläche einzubringen. Seit dem Jahr 2006 hat man 2,5 Millionen Buchen gepflanzt.
An einem besonders urwüchsigen Standort, mit mächtigen bis zu 300 Jahre alten Rotbuchen, führte der Exkursionsleiter aus, dass Buchenbestände im Altersstadium sogenannte Hallenwälder bilden, die an gotische Kathedralen erinnern.
Trotz der Dominanz der Buche sind diese Wälder keineswegs artenarm. Durch
eine Vielzahl Totholz bewohnender Pilze und Käfer, Höhlenbrüter wie Hohltaube und Spechte und viele Fledermusarten sind alte Buchwälder sogar sehr artenreich.
An einem weiteren Exkursionspunkt erläuterte Fred Terporten-Löhner die Verwendung von Buchenholz, das kurze Holzfasern und eine hohe Holzdichte (Hartholz) aufweist. Die Buche findet Verwendung als Furnierholz, Brettschichtholz, Parkett, Möbel, Spielzeug und Brennholz, als Vollkonstruktionsholz ist sie kaum geeignet. Allerdings gibt es seit 2014 eine "Baubuche", ein extrem belastbares Furnierschichtholz aus Buche.
Am Gipfel des Großen Hengstbergs wusste der Waldführer interessantes über die Mythologie der Buche und des Hengsberggebiets zu berichten. Schon die Germanen schnitzten bei Krankheit Runen in Buchen. Die Kelten verwendeten ihre Asche als Seife und mit Wasser und Ziegenfett gemischt zur Haaraufhellung. Die Buche ist die weise Großmutter, die weise alte Frau des Waldes. Sie ist ein typischer Mondbaum (luna) und sehr weiblich. Ihre Rinde fühlt sich im Gegensatz zu der von Sonnenbäumen (sola) recht kühl an. Sie ist eine mitfühlende Trösterin und weise Ratgeberin, ein idealer Baum zum Trösten in Krisen. Der Name "Hengstberg" komme wohl daher, weil auch der Hengsberg einst beweidet wurde.
Nach zweieinhalb Stunden geballter Information rund um die Buche war die sehr informative Exkursion schließlich zu Ende. Es regnete noch immer. Ein wirklich guter Tag für die Buche.