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Fauna+Flora des Fichtelgebirges

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BN-Kreisgruppe Wunsiedel inspizierte bei einer Exkursion die Tongrube Seedorf

Raritäten auf tropischen Böden. Während der Wert von Naturwäldern, Mooren oder Blumenwiesen auch für den Laien meist leicht erkennbar ist, erschließt sich die Bedeutung von Sand- und Tongruben für den Naturschutz in der Regel erst auf den zweiten Blick. Dies gilt auch für die Tongrube Seedorf, die der Bund Naturschutz bei einer Exkursion inspizierte.

15.07.2017

Tongrube Seedorf: einer der wichtigsten Sekunderbiotope in ganz Nordbayern

„Die aufgelassene Tongrube ist ein außerordentlich bemerkenswerter Sonderstandort, für den Artenschutz einer der wichtigsten Sekunderbiotope in ganz Nordbayern.“ Mit dieser Einschätzung wartete Exkursionsleiter Karl Paulus zu Beginn der Führung auf. Der BN-Geschäftsführer stellte den Teilnehmern die Ergebnisse eines neueren Fachgutachtens vor. In Seedorf seien 50 verschiedene Laufkäfer und sogar 60 Spinnenarten nachgewiesen, dazu seltene Libellen wie der Kleine Blaupfeil und gefährdete Heuschrecken wie die Blauflügelige Sandschrecke. Auch die im Fichtelgebirge äußerst seltene Heidelerche habe schon in der Tongrube gebrütet.

In einem Bereich mit roten, „toskanaähnlichen“ Tonformationen erklärte Paulus die interessante Geologie der Tongrube. „Wir befinden uns hier auf einem Tropenboden des Fichtelgebirges.“ In der Zeit des Tertiärs, vor 30 bis 50 Millionen Jahren, seien diese Tone unter tropischen Klimabedingungen durch intensive chemische Verwitterung aus Phylliten entstanden. Seiner Zeit herrschten hohe Niederschläge und eine Jahresdurchschnittstemperatur von 20 bis 24 Grad Celsius vor.

Charakteristisch für Tropenböden seien die kräftig rot gefärbten Tone, die von Eisenkrustenanreicherungen herrühren. Unter dieser rund fünf Meter mächtigen roten Tonschicht befinde sich die sogenannte Bleichungszone mit weißen Tonen. Die Tone hätten sich als Sedimente in kleinen Becken und Erosionsrinnen abgelagert.

Botanische Besonderheiten in der Tongrube Seedorf

Im Anschluss standen botanische Besonderheiten im Mittelpunkt des Interesses. Auf den offenen, nährstoffarmen und sauren Tonböden breiten sich auf großer Fläche zwei seltene Pflanzenarten aus, die man zuallererst in Mooren vermuten würde: Der Sonnentau Drosera rotundifolia und der Sumpfbärlapp Lycopodiella inundata. Es sind die weitaus größten Vorkommen in der Region. Allerdings sind die Bestände gefährdet durch die fortschreitende Gehölzssukzession mit Birken, Kiefern und Weiden. „Weitere Gestaltungsmaßnahmen in der Grube sind notwendig und auch bereits angedacht“, verdeutlichte der Exkursionsleiter.

Insektenkunde mit Jürgen Fischer, Autor des Fachbuches "Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols"

Im zweiten Teil der Exkursion übernahm der Insektenkundler Jürgen Fischer das Kommando. Es dauerte nicht lange und der Experte konnte in den überrieselten

Feuchtflächen mehrere seltene Libellen wie Kleiner Blaupfeil, Südlicher Blaupfeil und Gebänderte Heidelibelle einfangen. Fischer zeigte den Teilnehmern die besonderen Merkmale dieser Raritäten. Anhand der Sumpfschrecke und Großen Goldschrecke erklärte Jürgen Fischer den Geschlechtsdimorphismus bei Insekten, den meist deutlichen Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Individuen. Der Experte, Autor des neuen Fachbuches „Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols“, entdeckte noch die Gefleckte Keulenschrecke und eine Larve der Blauflügeligen Sandschrecke.