BN-Biberprojekt im Landkreis Wunsiedel im Rahmen eines Glücksspiralenprojektes
Karl Paulus stellt erste Ergebnisse des
GlücksSpiralenprojektsdeR BN-kREISGRUPPE wUNSIEDEL vor
Wie bereits bei der Auftaktveranstaltung am 26.01.2015 und der Biberexkursion am 12. April konnte BN-Kreisvorsitzender Fred Terporten-Löhner zahlreiche Teilnehmer begrüßen, darunter auch die Vertreter der Naturschutzbehörden und Naturschutzverbände, des Naturparks Fichtelgebirge, Vertreter der Land- und Wasserwirtschaft sowie Biberberater Horst Schwemmer. Der Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz warb für einen vernünftigen Umgang mit dem Biber und sprach die Hoffnung aus, dass an diesem Abend der Einstieg in ein Biber-Management gelingen werde.
Biberkartierung im Landkreis Wunsiedel abgeschlossen
Karl Paulus kartiert die Bestände, beschreibt sämtliche Biberreviere, analysiert das Konfliktpotential und sucht nach Lösungen. Dadurch werden wichtige Erkenntnisse über den aktuellen Stand der seit zwei Jahren rapide anwachsenden Biberpopulation im Landkreis Wunsiedel gewonnen.
Analyse und Dokumentation
In einem zweiten Arbeitsgang werden ausgewählte Untersuchungsflächen in Biberrevieren anhand der Vegetation/Pflanzengesellschaften, Avifauna und Libellen genau analysiert und mit Bildern dokumentiert. Auf dieser Basis können langjährige Auswirkungen von Biberaktivitäten exakt festgestellt und dokumentiert werden. Die beiden ersten Bausteine des Projekts sind bereits abgeschlossen.
Aufbau eines Beratersystems - Bibermanagement
Im Rahmen der Kartierung und Bestimmung der Biberreviere werden die Konfliktpotentiale abgeschätzt und im Konfliktfall eine fachliche Beratung initiiert. Der dritte Baustein des Biberprojektes ist deshalb der Aufbau eines Beratersystems mit Fortbildungen für Interessierte und potentielle Biberberater in enger Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde und dem Biberberater des BN für Nordbayern, Horst Schwemmer. Dadurch soll der Einstieg in ein Biber-Management erreicht und Zielkonflikte gelöst werden.
Öffentlichkeitsarbeit
Das Projekt wird mit einer umsichtigen Öffentlichkeitsarbeit (Presse, Vorträge, Internet) begleitet werden. Ziel ist die Information und Bewusstseinsbildung der Bevölkerung sowie die Lösung der von Meister Bocklet verursachten Konflikte.
Bestandsaufnahme, die arbeit eines halben jahres
Im Februar 2015 erfolgte zunächst die Ermittlung bereits bekannter Biberspuren. Es wurden öffentliche Stellen wie das Wasserwirtschaftsamt Hof und die untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Wunsiedel sowie örtliche Naturkenner nach bereits bekannten Biberspuren im Landkreis Wunsiedel abgefragt.
Der erste Durchgang der Kartierung erfolgte vom 3. bis 27. März 2015. Relevant dabei waren Hinweise auf angenagte und gefällte Bäume, Burgen, Dämme, Röhren und Fraßstellen. Aufgrund der günstigen Witterung in diesem Frühjahr (kein Hochwasser) konnte schon Anfang März mit der Biberkartierung begonnen werden. Zunächst wurden 25 Hinweise auf Biberspuren „abgearbeitet“, wobei sich auch etliche Hinweise als Flop erwiesen. Im Anschluss wurden die noch fehlenden Gewässerabschnitte an Eger und Röslau abgelaufen, um ja kein Biberrevier zu übersehen.
Da an den beiden Flüssen Eger und Röslau punktuelle Fraßspuren fast durchgehend festzustellen sind, wurden Bereiche mit einer Häufung von Biberspuren kartiert, um zu gesicherten Erkenntnissen hinsichtlich der Reviere zu kommen. Sämtliche Biberreviere wurden fotografisch dokumentiert.
Der zweite Durchgang der Kartierung erfolgte vom 4. bis 21. April 2015. Alle Gebiete mit gehäuften Biberspuren wurden noch einmal begangen und hinsichtlich der Abgrenzung der einzelnen Biberreviere analysiert. Ebenso wurde die genaue Lage der Baue und Burgen kartiert. Darüberhinaus wurden noch ausstehenden Gewässerabschnitte an Röslau und Eger bezüglich Biberspuren abgegangen und auch verschiedene Zuflüsse mit Gehölzbewuchs (z.B Kösseine) kontrolliert, um ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten.
Die Abgrenzung der einzelnen Biberreviere erfolgte im wesentlichen in der zweiten Phase der Kartierung im April 2015 anhand der Fraßspuren an Bäumen und Sträuchern. Weitere Erkenntnisse im Sommer in Bezug auf Ausstiege, Wechsel und Fraßspuren in Wiesen oder Staudenfluren wurden zusätzlich berücksichtigt. Fraßspuren an Feldfrüchten sind nur in geringem Umfang vorhanden, da sich die Biberreviere im Landkreis Wunsiedel ausschließlich im Grünland befinden. Sämtliche Biberreviere werden beschrieben, kartographisch erfasst und mit Fotos dokumentiert. Zudem wurde das Konfliktpotential abgeschätzt. Anhand einer PC-Präsentation stellte Paulus ein Dutzend Biberreviere und deren spezifische Problematik dar.
Zusammenfassung: Der Biber im Landkreis Wunsiedel
Erste Biberspuren im Landkreis Wunsiedel seit 1990 an der Eger bei Marktleuthen. Seit ca.15 Jahren ist Meister Bocklet in Nagel (Gregnitz) und in Fischern (Röslau) präsent. Ein Biberrevier beim ehemaligen Kraftwerk Arzberg gibt es seit 8-10 Jahren.
Massive Ausbreitungseit 2012 über die Flüsse Eger und Röslau.
Die Zuwanderung von Castor fiber erfolgte mit hoher Wahrscheinlichkeit von Osten her über das Flußsystem Elbe-Eger. Lediglich die Biber in Nagel und Reichenbach kamen über die Naab, Fichtelnaab und Gregnitz.
Der Schwerpunkt der Biberpopulation im Landkreis Wunsiedel liegt eindeutig an den Fließgewässern Eger und Röslau. Von 35erfassten Gebieten mit eindeutigen Biberspuren liegen 30 Areale an den beiden Flüssen. Nur in wenigen Fällen wurde der Nager in den Zuflüssen von Eger und Röslau bzw. in dort liegenden Teichen festgestellt.
Die 35 erfassten Gebiete mit deutlichen Biberspuren stellen sich wie folgt dar:
26 Biberreviere sind besetzt, 6 Reviere sind bereits verlassen, 1 Revier wurde zerstört, in 2 Gebieten gehäufte Biberspuren (kein Revier).
Der Bestand von Castor fiber wird auf 85-90 Tiere geschätzt (3,3 Tiere pro Revier).
Der Biber bevorzugt Stauhaltungen, d.h. Meister Bocklet legt sein Revier gerne oberhalb von Triebwerken an. Dort errichtet er in der Regel stattliche, bis zu 1,50 m hohe Burgen.
Die Biberreviere befinden sich großteils in Weidengebüschen oder Gewässerabschnitten mit Pappelwäldchen (Aspe oder Hybridpappel), nur vereinzelt in Gewässerabschnitten mit Erlensäumen (Schwarzerlen-Uferauwald).
Der bevorzugte Bautyp im Landkreis Wunsiedel ist der Mittelbau. Auch mehrere stattliche Biberburgen wurden festgestellt, vor allem dort, wo der Nager gestaut hat. Reine Erdbaue sind dagegen selten.
Die Biber im Landkreis Wunsiedel nagen bevorzugt an Weiden (Bruchweide, Mandelweide, Salweide, Korbweide, Hybridweiden etc.) und Pappeln (Zitterpappel, Hybridpappel). Auch Berg- und Spitzahorn, Esche, Stieleiche und Winterlinde stehen auf dem Speiseplan. Verschmäht wird dagegen die Schwarzerle, die an den vielen Mühlbächen bzw. Triebwerkskanälen dominiert. Vereinzelt wurden auch an Fichten Fraßspuren festgestellt.
Die Ausbreitung und Revierbildung des Bibers scheint nicht immer logisch zu sein. Mitunter werden größere Weidengebüsche, wie an der Eger oberhalb von Neudorf, nicht als Revier genutzt, andererseits wandert er kleinste Wiesengräben hoch und setzt sich in Fischteichen fest. Aber vielleicht sieht das der Biber ja ganz anders.
Besonders interessant sind die drei Biberreviere im „Grünen Band“ des bayerisch-böhmischen Grenzstreifens bei Hohenberg, Fischern und Schirnding. Castor fiber arbeitet vorbildlich grenzübergreifend. Die Natur kennt keine Grenzen.
Das Konfliktpotential der Biberreviere ist sehr unterschiedlich.
Insgesamt halten sich die Probleme noch in Grenzen.
In den meisten Revieren, abgelegene naturnahe Auenbereiche, ist eine friedliche Koexistenz von Biber und Mensch durchaus möglich. Problematisch sind Dammbauten mit Überflutungen, Reviere oberhalb von Triebwerken und in Teichen.
Dokumentation ausgewählter Untersuchungsflächen
Um eine brauchbare Vergleichsbasis für die Untersuchung langfristiger Auswirkungen von Biberaktivitäten zu schaffen, wurden zwei Biberreviere eingehend untersucht und dokumentiert.
Für die Auswahl der zu untersuchenden Biberreviere wurden folgende Aspekte berücksichtigt. Es sollen zwei Biberreviere ausgewählt werden, jeweils ein Revier an der Eger und eines an der Röslau. Zudem sollen sich die Reviere stark unterscheiden, insbesondere in Bezug auf das Nutzungsumfeld.
Ausgewählt wurden die zwei Biberreviere:
in der Egeraue bei Fischern und
in der Röslauaue bei Lorenzreth (oberhalb der Göschelmühle).
Während das Revier in Fischern unmittelbar im Grünen Band des bayerisch-böhmischen Grenzstreifens liegt, also in einem abgeschiedenen, sehr naturnahen Auenbereich, befindet sich das Revier an der Röslau in einer als Grünland genutzten Wiesenaue, d.h. der Nutzungsdruck ist hier ungleich höher.
Zunächst erfolgte eine flächendeckende Aufnahme der Vegetation/Pflanzengesellschaften in den Biberrevieren. Die Vegetation stellt einen „Superindikator“ zur Beurteilung des ökologischen Gebietszustandes dar. Darüber hinaus wurden die Tierartengruppen „Avifauna“ und „Libellen“ erfasst, wobei das Augenmerk besonders auf die Fließgewässerlibellen gelegt wurde. Die beiden Biberreviere wurden mit Artenlisten belegt und anhand von Farbfotos genau dokumentiert.
Aufbau eines Biber-Managements im Landkreis Wunsiedel
Die BN-Kreisgruppe Wunsiedel sucht nun Biberberaters, die zwischen der unteren Naturschutzbehörde und betroffenen Grundstücksbesitzern vermitteln sollen. Bei einem weiteren Treffen im Oktober 2015 mit Besichtigung von Biberrevieren soll das Thema weiter vertieft werden.
Biberberater werden nach einem Lehrgang bei der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege in Laufen (ANL) vom Landrat bestellt und eingesetzt.
Mögliche Maßnahmen sind: Präventivmaßnahmen (Einzelbaumschutz, Elektrozaun, Einbau von Drahtgittern in Teichdämmen), Einbau einer Biberdrainage in Damm, Entfernung eines Biberdammes (Ausnahmegenehmigung erforderlich), Ankauf/Tausch von Ufergrundstücken, Ausnahmegenehmigung zum Abfang des Bibers.
Wer hat Interesse, sich näher mit dem Biber zu beschäftigen? Interesse an Biberberater?
Bitte melden beim BN wunsiedel@bund-naturschutz.de